Die Arbeit mit adoptierten Klient*innen ist komplex und erfordert spezielle Kenntnisse und Herangehensweisen. Daher erscheint es für Beratende sinnvoll, sich mit der Thematik intensiver auseinanderzusetzen, um die Lebensthemen dieser Menschen in der Tiefe besser verstehen und begleiten zu können.
Adoptierte werden zu einem meist sehr frühen Zeitpunkt von allem Bekannten getrennt und in ein vollkommen neues Leben "geworfen" - neue Umgebung, neue Menschen, neue Gerüche und Geräusche, evtl. sogar eine neue Sprache und Kultur.
Auch ihr Start ins Leben war meist alles andere als einladend oder reibungslos. Häufig ist die Schwangerschaft belastet, und sie verlieren ihre leibliche Mutter gleich nach der Geburt.
Sie sind also extrem(en) frühen Traumatisierungen ausgesetzt und erleben als Kinder und Jugendliche leider allzu häufig Vorurteile, Stigmatisierung und Ausgrenzung.
Ein Gefühl von Verwurzelung im Leben oder das, was man Urvertrauen nennt, kann sich bei ihnen kaum einstellen.
Adoptierte Menschen bezeichne ich daher gerne als "Luftwurzler".
Erschwerend kommt hinzu: In der allgemeinen Wahrnehmung werden ihre Traumata meist nicht anerkannt - stattdessen wird eher Dankbarkeit von ihnen erwartet: "Da hast Du aber Glück gehabt, oder?"
Wer therapeutisch oder beratend mit Adoptierten arbeitet oder arbeiten will, sollte sich der speziellen Themen und der Bedürfnisse dieser Klient*innen bewusst sein. Abgesehen von den frühen Traumatisierungen geht es dabei insbesondere um spezielle systemische Aspekte:
Für die Betroffenen ist es so, als würden sie eine Bühne betreten, wenn das Stück bereits begonnen hat. Ihre Aufgabe besteht darin, sich möglichst schnell zurecht zu finden. Das Stück, in dem sie ursprünglich glaubten zu spielen, müssen sie abrupt hinter sich lassen.
Übersetzt bedeutet das: Wir werden in ein System hinein geboren. Evolutionsbiologisch ist in uns die Erwartung angelegt, dass wir mit der Mutter, die uns zur Welt gebracht hat, in einer anfangs symbiotischen Verbindung und einem geschützten Raum (manche sprechen vom erweiterten Uterus) ins Leben starten können. Dem wird bei Adoptierten aber abrupt ein Ende gesetzt, und das Leben geht irgendwann mit "fremden Menschen" in der Elternrolle weiter - in einem komplett neuen systemischen Kontext. Und beide Systeme wirken im Adoptierten! Er/sie gehört gleichzeitig zu ihnen beiden - eine besondere Herausforderung.
Die Ausbildung einer gesunden Identität ist auf dieser Basis ausgesprochen schwierig - selbst dann, wenn die Betroffenen in der Adoptivfamilie auf ein bestmögliches Umfeld treffen. Leider ist auch das bei weitem nicht immer der Fall.
Bitte lesen Sie HIER mehr zum Thema und schauen Sie gerne auch das ein oder andere meiner Videos dazu.
Adoptiert-Sein ist eine außergewöhnliche Lebenserfahrung, in die ich Sie als Teilnehmer*in dieser Fortbildung ein wenig mitnehmen will. Adoptierte Menschen erleben Dinge, die für nicht Adoptierte kaum nachvollziehbar sind. Dazu teile ich meine eigenen Erfahrungen und erläutere bestimmte Zusammenhänge anhand von Fallbeispielen.
Mein Ziel ist es, dass Sie mit dem Wissen aus dieser Fortbildung adoptierte Klient*innen noch kompetenter, zielgerichteter und empathischer begleiten können.
Wann:
10. Januar 2025,
15:30 - 19:30 Uhr
Wo:
Online (Zoom-Meeting)
Zielgruppe:
Menschen, die im therapeutischen oder beraterischen Kontext arbeiten und mehr über die speziellen Themen und Bedürfnisse adoptierter Klient*innen erfahren wollen.
Maximal 40 Teilnehmer*innen
Investition:
90,- EUR zzgl. MwSt.
Leitung:
Dr. Karin Issberner
(selbst adoptiert, arbeitet als Coach mit einem traumasensiblen und systemischen Ansatz u.a. mit erwachsenen Adoptierten)